KunstSpieleKunst:
Publikumspreis
Faxe Müller: Kubus – Klangskulpturen
Ein in Endlosschleife laufender sphärischer Musiksound bereitet den Besuchern eine entspannte Atmosphäre im Raum. Die rhythmischen Klänge in dezenter Lautstärke bilden einen Klangteppich, auf dessen Grundlage sich in spielerischer Art und Weise mit den bereitliegenden Schlagwerkzeugen Klänge auf mehreren Klangskulpturen erzeugen lassen. Experimentierfreude und Neugierde leiten den Besucher in die Interaktion.
Der als Basis wirkende Stahlkubus wirkt als Resonanzkörper, der auch angeschlagen werden kann. Die darauf montierten mit der Kettensäge vierkantig geschnittenen und strukturierten Klangstäbe ziehen durch ihre geschwungenen Formen die Aufmerksamkeit auf sich. Sie resonieren durch ihre Masse schwach. Die mit einem Gummi versehenen Schlagwerkzeuge erzeugen einen angenehmen Sound, bei dem sich der Spieler vermutlich an der Lautstärke des Soundteppichs orientiert. Das Anschlagen an unterschiedlichen Punkten erzeugt verschiedene Klangfarben, und durch das Ausprobieren der unterschiedlichen Schlagwerkzeuge entstehen neue Variationen. Da es bei den Klängen kein Falsch und Richtig gibt, weckt die Neugierde das Experimentieren und Erforschen. Ohne Klangverstärkung bleibt die Tonerzeugung ein persönlicher Akt, der sich beim gemeinsamen Spiel von mehreren Personen zu einer Performance ausweiten kann.
Kapellenweg 3, 63637 Jossgrund-Burgjoß, info@faxe-mueller.de
www.faxe-mueller.de
Jurypreis
Ambech: trans_Form III
Die offene Dachkonstruktion über dem großen Ausstellungsraum der Kunststation Kleinsassen macht die Verbindung zweier Räume – des Dachkantenvolumens und des Ausstellungsvolumens – für den Betrachter sichtbar. Wird eine Skulptur auf einem Querbalken unter dem Dach balanciert positioniert, kann sie zwischen den beiden Räumen interaktiv herauf und herunter wandern.
Die Wanderung der Skulptur ist eine Transformation zwischen Prallheit und Erschlaffung, den beiden extremen physischen Zuständen von trans_Form III. Mit Euphorie und Erschöpfung oder mit dem Sein in Kraft und Schwäche werden aber auch emotionale Situationen allegorisiert. Als skulpturaler Behälter ist trans_Form III voll oder leer, verdrängt oder gibt Raum an seine Umgebung zurück. Jeder dazwischen liegende Zustand findet statt – im Fluss, in der Transformation. Jeder dazwischen liegende Zustand hat seinen eigenen visuellen Reiz und seine Bedeutung, physisch ebenso wie emotional. trans_Form III atmet ein riesiges Volumen, bis es zur Ruhe kommt, endend in der Erschlaffung. Die erneute Transformation beginnt erst mit der Begegnung mit dem Betrachter und nur durch ihn.
Schortestraße 104, 98693 Ilmenau, info@ambech.de
www.ambech.de
Dr. Elisabeth Heil, Kuratorin
Rede zur Finissage der Ausstellung KunstSpieleKunst mit Bekanntgabe der Preisträger am 25. August 2019
Heute endet ein Ausstellungsprojekt, mit dem die Kunststation ihre Gäste zum vierzigjährigen Jubiläum überraschen wollte: Mit KunstSpieleKunst wollten wir zum spielerischen, zum bewegten und interaktiven Umgang mit Kunst auffordern und so einen neuen, einen anderen Zugang zu Kunstwerken eröffnen. Nach der großen und durchweg positiven Besucherresonanz dürfen wir gemeinsam – die beteiligten Künstlerinnen und Künstler und die Kunststation – stolz sagen: Es hat sich gelohnt.
Die Kunststation hatte in einer Ausschreibung Kunstschaffende deutschlandweit aufgerufen, Vorschläge zu unterbreiten, woraus das ausgewählt wurde, was Sie, liebes Publikum, in den vergangenen Wochen ausprobieren konnten und heute noch wenige Stunden ausprobieren können. Darunter sind Werke zum Rätseln, kinetische Arbeiten für ein genaues Beobachten von Bewegungsabläufen, Lege- und Brettspiele in neuer Form und Objekte, die man selbst mit Körpereinsatz in Gang setzen muss oder die man nur in der Bewegung vor ihnen oder um sie herum erfassen kann. Die Kunststation hat auch ihre Gäste dazu aufgerufen, ein Lieblingsspiel zu benennen. Und bei allen Voten zeigte sich, dass das Ausstellungskonzept auch insofern gut angenommen wurde, als alle Werke ihre Liebhaber gefunden haben: Manche fühlten sich von der Ästhetik und dem Narren der Sinne durch die OpArt besonders angezogen oder von den Licht-, Farb- und Schattenspielen, andere zeigten eine besondere Nähe zu den kinetischen Objekten oder hatten Spaß am Fahrradfahren und bei Tanzversuchen. Und selbst die scheinbar kleinen Dinge fanden Aufmerksamkeit: Ein Besucher rief mich an und erzählte von seinen Erlebnissen beim Schattenspiel mit den Taschenlampen.
An dem Projekt KunstSpieleKunst haben sich Ambech, Petra Abroso, Friederike Büch, Edgar Diehl, Teresa Dietrich, Michael Ernst, Cosima Göpfert, Gisela Hafer, Paul Hirsch, Britta Ischka, Jean Kirsten, Matthias Kraus und Alois Straub, Claudia Katrin Leyh, Carolin Liebl und Nikolaus Schmid-Pfähler, Faxe Müller, Karin Reichardt, Eva Schmeckenbecher, Sebastian Stamm, Ingo Schrader, Martin Schwarz, Claudia Urlaß, Volker Wessendorf beteiligt. Ihnen allen gilt unser ausdrücklicher Dank, und wir werden mit Freude an diese Ausstellung zurückdenken. Ein besonderer Dank gebührt Paul Hirsch, der – begeistert vom Treiben in der Kunststation – kurzerhand einen Druck für den zur Ausstellung produzierten Online-Katalog organisierte. Damit bleibt von dieser Ausstellung etwas Greifbares für die Teilnehmenden sowie für die Kunststation und ihre im Bücherbereich schmökernden Besucher erhalten.
Über dieses Ausstellungsprojekt haben wir neue Künstlerinnen und Künstler und ihr Schaffen kennengelernt. Und wer weiß, vielleicht ergeben sich in Zukunft mit ihnen neue Ausstellungen oder Ausstellungsbeteiligungen. Dies zu sagen, ist vorab eine Herzensangelegenheit. Denn nun habe ich die – je nach Blickwinkel – dankbare wie undankbare Aufgabe, die Namen derjenigen bekannt zu geben, die Publikum und Jury besonders ausgezeichnet haben und die darum neue Ausstellungsmöglichkeiten in der Kunststation sicher erhalten werden.
Wann immer ich in die Kunststation kam, wurden eifrig Performances an der Klangskulptur geprobt, manchmal vorsichtig zu den Klängen des Soundteppichs, manchmal wild und voller Leidenschaft, von Familien mit Kindern und von älteren Gästen gleichermaßen. Darum verwundert es eigentlich nicht, dass sich diese Begeisterung auch bei der Auszählung der Publikumsvoten zeigte. Faxe Müller aus dem Jossgrund erhält für seine Klangskulptur den Preis des Publikums. Zur Realisierung dieser Arbeit gibt es eine hübsche Anekdote: Eine Künstlerin hatte Faxe Müller auf unsere Ausschreibung aufmerksam gemacht. Bei einem Telefonat erklärte er mir, er habe da etwas im Kopf, das er vielleicht verwirklichen könne – eine Klangskulptur. Aber er habe da so seine Erfahrungen gemacht, die ihn noch zögern lassen. Denn als er einmal eine Wasserorgel konstruierte, habe eine Beobachterin dies als Kinderspielzeug abgetan, allerdings später die fertige Arbeit tagelang ausprobiert. Lieber Faxe Müller, Kunst darf fesseln, Zeit vergessen lassen und Freude machen! Es hat sich doch gelohnt, dass diese neue Idee für unser Ausstellungsprojekt realisiert wurde und überdies eine in ästhetischer Hinsicht hervorragende Gestalt angenommen hat. Das Publikum hat es gedankt und die Arbeit honoriert!
Einen Preisträger nach Auszählung von Publikumsstimmen zu benennen, ist recht einfach. Aber wie soll eigentlich eine Jury bei der Vielfalt der Objekte zu einem abschließenden, vertretbaren Urteil kommen und einen Preis vergeben? Eigentlich ein Unding. Alle ausgestellten Arbeiten hatten von ihrer Idee und von ihrer Ausführung her ein hohes Niveau. Zudem: Sie entstammten unterschiedlicher Genres, angefertigt aus den unterschiedlichen Materialien mit unterschiedlichen Techniken. Wie soll man zum Beispiel Licht-Farbspiele mit einem Legespiel oder mit GameArt vergleichen und bewerten, wie bewegliche Stahlskulpturen mit Spiegel-Interferenzen, wie Holzskulpturen mit Papier-, Textil- und Porzellanwerken, mit Video oder Zahlencodes? Das geht nicht.
Eine Arbeit allerdings setzte sich von allen anderen ab, ermöglichte das an sich Unmögliche und erleichterte eine Entscheidung für eine Arbeit bzw. einen Künstler. Es ist eine Arbeit, die nur auf das sie umwandernde Publikum reagiert, nur von ihm über einen Sensor zum Leben erweckt wird und so interaktiv mit dem Publikum spielt, es mit Knistern betört, neugierig macht und schließlich zum Staunen bringt. Und dann, ja dann spielt diese Arbeit Transform III auch mit der Kunststation selbst: Sie bläst sich auf und verändert ihre Gestalt von einem schlaff herabhängenden Riesensack, der über den Querbalken der Dachkonstruktion gelegt wurde und mit seinen Enden bis auf den Boden reichte, zu einer prallen, silberglänzenden Rolle, die waagerecht über dem Querbalken zu schweben scheint. Sie atmet gleichsam ein, streckt sich aus und erschlafft wieder. Transform III durchwandert den Hallenraum vom Boden bis in den Dachstuhl und zurück – auf einer Länge von 7 m. Und sie bestimmt den Raum auch in der Breite, indem sie sich in das Holzdreieck der Dachkonstruktion einfügt. Höhe und Weite der großen Halle werden so für die Besucher, die dieses Spektakel ausgelöst haben, zu einer ganz neuen Erfahrung. Ambech aus Ilmenau hat diese Idee einer atmenden, sich bewegenden Raumarbeit zwar schon an zwei anderen Orten einmal erprobt, aber diese Idee mit Transform III eigens für die Kunststation neu durchdacht, weiterentwickelt und genau auf diesen Hallenraum und seine Abmessungen hin erschaffen. Und allen Befürchtungen zum Trotz, bei der langen Laufzeit der Ausstellung könne die Technik versagen oder die Folie aufreißen: Die Arbeit hat ihren Langzeittest mit Bravour bestanden und drei Monate lang zu staunenden „Wow!“-Erlebnissen geführt.
Ambech, wir freuen uns darauf, in der Kunststation einmal in einer Einzelausstellung noch mehr aus Deinem vielseitigen Schaffen zu sehen, sicherlich wieder mit „Wow“-Effekten. Und ebenso freuen wir uns auf mehr Ideen und Kunstwerke von Faxe Müller. Herzlichen Glückwunsch!