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Gisela Eichardt – Lebensformen

25. August bis 17. November 2024

Begegnet man Gisela Eichardts Skulpturen, meint man zunächst, porträtierten Personen gegenüberzustehen. Achtsam sind die Physiognomien und Körperformen ausgearbeitet und dezent farbig gefasst, ohne einem Hyperrealismus nachzugehen. Doch erspürt man sofort, dass es der Künstlerin nicht um ein genaues Abbild eines bestimmten Menschen geht.

Verhalten kommunizieren ihre Skulpturen durch Blicke, Mimik und Gestik mit uns und sind zugleich viel stärker mit sich selbst befasst. Sie sind still, halten inne, schauen versonnen, wenden ihren Blick nach innen. Gisela Eichardt nähert sich dem an, was Persönlichkeiten emotional und geistig ausmacht. Und sie blickt tief: Inneres Lodern mag sich in bizarren Haarformationen, die Ahnung eines Schattenwesens in und um uns in den Doppelfiguren der Siamese Twins ausdrücken. Der Künstlerin geht es um den seelischen Ausdruck, auch um die Verletzlichkeit und Fragilität, die Brüchigkeit und Endlichkeit des menschlichen Seins. Entsprechend zielt ihr bildhauerisches Schaffen nicht auf kühlen Perfektionismus. Vielmehr baut sie ihre Figuren zunehmend aus unterschiedlichen Holzteilen auf, nähert sich so „Stück für Stück“ einer Persönlichkeit, füllt größere Risse und Spalten und heilt gleichsam Wunden, ohne Narben mit Farbe deckend zu überfassen.

Seit zwei Jahren beschäftigt sich Gisela Eichardt auch künstlerisch mit einer anderen Lebenswelt. Hierzu experimentiert sie in Holzschnitttechnik, Monotypie und Collage, um sich dem großen Thema Natur anzunähern und es in unzähligen Druckgängen auf Chinapapier und Leinwand eher malerisch als im Sinne des klassischen Holzschnitts zu gestalten. Das besondere Interesse gilt den alten Baumriesen, der wild belassenen Natur, den Biotopen. Sie huldigt ihrer Schönheit und lebensvollen Fülle und weiß doch auch um die Zeiten der Tristesse, des Verfalls und der Zerstörung. Letztlich sucht Gisela Eichardt hier – ebenso wie im Menschen – eine kostbare Innerlichkeit, die es zu bewahren gilt.

Gisela Eichardt, geboren 1964 in Jena, studierte 1992-1998 an der Universität Mainz Freie Kunst und Bildhauerei und schloss mit Diplom ab. 1999-2000 war sie Meisterschülerin bei Prof. Christa Biederbick. Sie lebt und arbeitet in Berlin.

Diese Ausstellung wird gefördert von der SV SparkassenVersicherung.

(Fotos: Gisela Eichardt)