4. Februar bis 28. April 2024
„Tschuldigung! Das wusste ich nicht.“ – Was für ein Ausstellungstitel, vom Künstler gewählt! Was für eine direkte Anrede an die Ausstellungsbesucher*innen, was für eine Aufforderung zu einem Nachdenken über Sprache an sich, über vermittelte Inhalte, über die Feinheiten der Kommunikation.
„Tschuldigung! Das wusste ich nicht.“ Wenn wir dies hören oder sagen: Ist die Botschaft ernst gemeint oder nur so dahin geplappert? Bereut derjenige, der dies sagt, wirklich? Weiß er es tatsächlich nicht? Kann der Adressat der Worte dem Sprecher vertrauen? Folgen daraus Verzeihen, Aufklärung, weitere Gespräche oder beenden Halbherzigkeit, saloppes Gerede, ja Lüge eine weitere Kommunikation?
Babak Saed hinterfragt immer wieder das, was bedeutungsschwer formuliert wurde, und auch das, was wir oft so leicht dahin sagen: allgemeine Floskeln, idiomatische Phrasen, Ausrufe, einzelne Worte und Wortkomposita. Und er findet für seine Auseinandersetzung und seine Erkenntnisse daraus auch die passende Form, die Betrachter*innen zum Nachdenken und zur Stellungnahme zwingt. Nichts überlässt Babak Saed dem Zufall. Sein konzeptuell angelegtes Kunstschaffen äußert sich vor allem in Schriftform. Da er Worte wie Sätze stets in Großbuchstaben schreibt und auf Leerzeichen und Satzzeichen absichtlich verzichtet, unterbindet er eine Flüchtigkeit des Lesens und erzwingt ein genaues Hinsehen und Enträtseln. Ebenso bewusst wählt Babak Saed die Schriftformen, Materialien und Farben und entscheidet – entsprechend seinen Absichten – über die Anordnung, sei sie ornamental, streng linear, spielerisch wirkend oder von bildhaftem Charakter.
Die Kommunikation unter den Menschen ist einerseits ohne Sprache, ohne Worte kaum denkbar. Andererseits ist Sprache sich selbst nie genug, wendet sich immer an ein Gegenüber, auch im Selbstgespräch, und bedeutet zwischenmenschliches Agieren. So ereignet sich im Kommunizieren weit mehr als „bloßes Gerede“. Für Babak Saed, der im Iran geboren wurde und als Jugendlicher nach Deutschland kam, wurden Sprache und Sprachlosigkeit, Fähigkeit und Unfähigkeit der Kommunikation zur existentiellen Erfahrung. Mit großer Intensität hat er sich mit der deutschen Sprache und ihren Feinheiten befasst, und verfolgt in seinem Kunstschaffen auch den Zweck, dass Muttersprachler achtsamer mit ihrer Sprache umgehen, sich mit der Bedeutung ihrer Worte, dem Gehalt ihrer Texte, mit der Art und Weise der Kommunikation eingehend befassen. Weshalb und wie Babak Saed diese oder jene Worte und Sentenzen darbietet, kann irritieren, nach der Entschlüsselung Schmunzeln hervorrufen, aber auch nachdenklich stimmen, ja erschüttern. Und: Es wird einem vieles bewusst!
Babak Saed wurde 1965 in Maschad (Iran) geboren und kam 1978 nach Deutschland. Ein Studium der Volkswirtschaft schloss er 1994 mit Diplom ab. 1998 gründete er ein Büro für Video und Installationen im öffentlichen Raum und konnte seither viele Kunst-am-Bau-Projekte in Bonn, Münster, Siegburg und Reutlingen (Zuschlag nach Wettbewerben) und permanente Installationen in Bonn und Köln realisieren. Seit 2021 ist er Mitglied der Kunstkommission Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Bonn. 2023 zeigte er zwei Arbeiten in der Ausstellung „Make Friends AND Art“ in der Kunststation Kleinsassen. Babak Saed lebt und arbeitet in Bonn.
© Babak Saed und VG Bild Kunst, Bonn